Stefan Schuster kritisiert Haushalt des Innenministers

Video: Rede des innenpolitischen Sprechers der SPD im Landtag

  • von  Team Schuster
    06.06.2019
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Video mit Untertitel

Die Rede im Wortlaut:

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Staat hat die Aufgabe, die Bevölkerung vor Gewalt- und Straftaten zu schützen; der Ausgleich zwischen Freiheit und Sicherheit ist immer ein Balanceakt, bei dem die Staatsregierung in den vergangenen Jahren leicht ins Straucheln geraten ist.

In diesem Zusammenhang wenden wir uns im Bereich der inneren Sicherheit gegen eine Politik, die immer nur reflexartig auf eine Verschärfung von Gesetzen setzt. Ein konsequenter Vollzug bestehender Gesetze bei besserer Personal- und Sachausstattung der Sicherheitsbehörden muss stattdessen die Antwort sein.

Kolleginnen und Kollegen, wir wollen eine bürgernahe Polizei, die uns vor Straftaten und Gefahren schützt. Dafür muss sie ausreichend Personal zur Verfügung haben und von sachfremden Aufgaben entlastet werden. Deshalb fordern wir neue Stellen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in verschiedenen Entgeltgruppen bei der Landespolizei. Die Staatsregierung hätte mit konkreten Maßnahmen, die wir schon länger fordern, frühzeitig auf die Überstundensituation bei der Polizei reagieren müssen. 2,4 Millionen angefallene Überstunden bei der bayerischen Polizei sind mit der Fürsorgepflicht des Dienstherrn nur schwer zu vereinbaren. Das sind 76 Überstunden pro Polizeibeamten und Polizeibeamtin. Die bis zum Jahr 2023 geplanten 3.500 zusätzlichen Stellen für die bayerische Polizei werden die Entwicklung zwar positiv beeinflussen, aber sie kommen sehr spät. Die SPD hat immer wieder auf diese Entwicklung hingewiesen, und wenn es nach uns gegangen wäre, hätte man mit der verstärkten Einstellung von Bewerberinnen und Bewerbern schon viel früher beginnen müssen.

Denn im ganzen Land herrscht in den Polizeidienststellen eine unbefriedigende Personalsituation. Teilweise fehlen zwischen 20 und 25 % des Personals. Deshalb ärgert es mich, dass viele neuausgebildete Polizistinnen und Polizisten nicht in den Wachen ihren Dienst antreten, sondern zur Grenzpolizei oder auch zur Reiterstaffel kommen. Nach der Intention des Innenministers soll die bayerische Grenzpolizei genau das machen dürfen, was die Bundespolizei an den bayerischen Grenzen zum EU-Ausland auch machen darf und auch macht. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss vom 18.12.2018 zur automatisierten Kennzeichen-kontrolle aber unmissverständlich klargestellt, dass der Grenzschutz Sache des Bundes und der Bundespolizei und nicht Sache des Landes und der Landespolizei ist. Wir fordern deshalb in einem Antrag die Abschaffung der Grenzpolizei und die Umschichtung der dafür vorgesehenen Mittel.

Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich zum Thema Feuerwehr und Katastrophenschutz kommen. Im neuen Haushaltsentwurf wird endlich die Feuerschutz-steuer für die Feuerwehr verwendet und nicht mehr für den Katastrophenschutz. Anschaffungen für den Katastrophenschutz wurden in der Vergangenheit entgegen der Zweckbestimmung im Feuerwehrgesetz aus der Feuerschutzsteuer finanziert. Der Landesfeuerwehrverband und wir von der SPD prangern das schon lange an, weil dieses Geld laut Feuerwehrgesetz schon immer der Feuerwehr für Ausstattung und Ausbildung zusteht. Das neue Investitionsprogramm für den Katastrophenschutz werden wir im Auge behalten. Die Finanzierung ist hier aber auf jeden Fall endlich vernünftig geregelt. Keine Finanzierung erhalten dagegen Ersthelfergruppen, sogenannte First Responder. Wir fordern, dass der Freistaat die Ausstattung und Ausbildung von Ein-satzgruppen unterstützt, die bis zum Eintreffen von Notärzten Leben retten können. Bleiben wir beim Thema Feuerwehr. Bayerns Feuerwehrleute müssen mit langen Wartezeiten an den Feuerwehrschulen kämpfen. Unter diesem Gesichtspunkt ist es nicht verständlich, dass erst jetzt neues Personal eingestellt wird. Die im neuen Haushaltsentwurf enthaltenen Stellen für Lehrpersonal an den Feuerwehrschulen reichen nicht aus und hätten zudem schon besetzt werden können. Wären die Stellen besetzt worden, hätten deren Inhaber unsere Feuerwehrmänner und -frau-en schon ausbilden können. Man kann die Feuerwehrschulen aber auch durch die Ausbildung vor Ort entlasten. Deshalb machen wir uns in unseren Anträgen für weitere mobile Brandübungscontainer stark, in denen Atemschutzgeräteträger ausgebildet werden. Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich zum Abschluss noch auf einen weiteren Verwendungszweck der Feuerschutzsteuer zu sprechen kommen: die Förderung von Feuerwehrgerätehäusern. Es ist eine Schande, was sich der Freistaat hier erlaubt. Ich bringe ein Beispiel. Die Stadt Nürnberg investiert dieses Jahr 19,4 Millionen Euro in die Gerätehäuser ihrer Freiwilligen Feuerwehren. Der Freistaat gibt exakt 343.000 Euro Fördergelder dazu. Das entspricht einer Förderquote von rund 1,8 %. Nürnberg ist bei Weitem nicht die einzige Kommune, die unter der niedrigen Förderung leidet.

In den Stimmkreisen von allen Abgeordneten hier im Hohen Haus gibt es Feuerwehren, die ihre Gerätehäuser notgedrungen kleiner als nötig planen, die Neubauten und Renovierungen aufschieben und die sich teilweise, statt eine neue Feuer-wache zu bauen, Container auf den Parkplatz der alten Feuerwache stellen. Erst vor wenigen Wochen war ich mit dem Kollegen Christian Flisek in Vilshofen, wo das Feuerwehrzentrum für rund fünf Millionen Euro saniert werden soll. Der Freistaat stellt dafür keinen Cent Förderung in Aussicht. Diese Probleme können auch Ihnen in der Regierung nicht entgangen sein. Und wie reagieren Sie? – Sie kürzen die Mittel im Haushalt noch weiter, weil aufgrund Ihrer Förderrichtlinien sowieso so gut wie kein Geld ausgeschüttet wird. Feuerwehrleute aus ganz Bayern beschweren sich bei mir. In den kommenden Monaten wird es über die Förderrichtlinien für die Feuerwehr einiges zu diskutieren geben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, aufgrund dessen, was ich hier vorgetragen habe, können wir diesem Haushaltsentwurf des Innenministeriums nicht zustimmen.